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Zum
60. Jahrestag der Vertreibung aus Leisnitz
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Zum
60. Jahrestag der Vertreibung aus Leisnitz Aus diesem Anlass
waren wir, meine Schwester Elisabeth und ich, in Leisnitz.
Der Besuch sollte sein: Erinnerung an den 60. Jahrestag und
Verbindungen festigen mit alten und neuen Leisnitzern.
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Noch
nie habe ich in so wenigen Tagen, es waren vier, mit so vielen
jetzigen Bewohnern unseres Dorfes gesprochen und so viele
Familien besucht. Beim Pfarrer haben wir angefangen und viel
von Leisnitz, seiner Gegenwart und Vergangenheit, gesprochen.
Das
Ziel dieser Reise war, alle alten Leisnitzer und alle Weltjugendtags-Pilger,
die aus Leisnitz bei uns zu Gast waren, zu besuchen. Es ist
uns auch ausnahmslos gelungen.
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Der
letzte Besuch fand vor der Abreise, nach der Sonntagsmesse,
in der Familie des Organisten unseres Dorfes statt. Auch seine
Tochter war eine Weltjugendtags-Teilnehmerin. Dank des ausgezeichneten
Dolmetschens von Herrn Cyrus konnten wir viele Gespräche führen. |
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Es
gibt auch schon familiäre Verbindungen zwischen alt Leisnitzern
und Neuen, so dass auch da die Sprachschwierigkeiten überwunden
werden konnten. Die Gespräche, die wir in stundenlangen Diskussionen
geführt haben, z.B. bei der Familie Gesla, drehten sich im Wesentlichen
um die Schicksale der Menschen, von uns und der jetzigen Leisnitzer.
Wir
konnten tiefen Einblick in deren Vergangenheit nehmen und Sie,
da sie ja durchweg jünger sind und erst in Leisnitz geboren
wurden, fragten rege nach unserer Zeit in dem Jahr mit der polnischen
Bevölkerung, unserer Vertreibung nach dem Westen und unserem
Einleben hier. Wir
haben dann weitere Einwohner aufgesucht, für die wir Post von
hier mitbekommen hatten. Die Freude war immer groß. Ich habe
gestaunt, wie die Menschen spontan die Vornamen der früheren
Familien aufzählen konnten. Dann haben wir auch viele auf der
Straße angesprochen und einfach angefangen zu reden, erst auf
Deutsch und dann, mit Hilfe von Herrn Cyrus, auf Polnisch. |
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Vor
Richters im Niederdorf war die Gruppe sofort größer. Auch die
Leute von gegenüber, früher Müllers, kamen dazu. Über die Fragen,
die gestellt wurden, war ich schon sehr erstaunt. Ich hatte
dann jedes Mal die Möglichkeit, die Leisnitzer Geschichte zu
erzählen. Wie das Dorf entstanden ist und wie es bei uns war.
Bei Ernst Poremba holte der polnische Einwohner sogar alte Papiere,
die ich den Leisnitzern ins Rheinland mitnehmen sollte. Die
neuen Leisnitzer beantworteten nicht nur bereitwillig Fragen,
sie interessierten sich auch sehr, wie wir hier im Westen leben.
Am Freitag stehe ich alleine in Leobschütz und beschaue mir
ein interessantes Gebäude, da winkt auf der anderen Straßenseite
jemand. Ich denke: “Wer soll dich denn hier kennen.“ Als ich
rüber gehe und ihn fragen will, warum er so freundlich winkt,
erkenne ich den Josef Gardias vom Weltjugendtag. So klein ist
die Welt. |
Als
zweiten Schwerpunkt der Reise hatten wir uns vorgenommen,
Leisnitzer Kapellen und Wegekreuze zu besuchen. Sie stehen
meistens in einem guten Zustand und geschützt dort. Wir haben
versucht, alte Inschriften zu erkennen und nachzulesen.
Die
Kapelle vor Bernards wurde gerade renoviert. Man kann schon
von Erneuerung reden. Das Bild darin, „Maria in der Aue“ steht
noch bei Familie Gesla in der Wohnung und wird bei der Neueinweihung
wieder seinen alten Platz erhalten.
Die
Kapelle am Windmühlenberg bei Schmelas ist schon renoviert.
Die Pieta steht im Pfarrhaus. Die Fragen, die gestellt wurden,
konnte ich zum Teil nicht beantworten. Z.B.: „Wer hat die
Holzpieta von Schmelas Kapelle geschnitzt und wann wurde die
Kapelle erbaut“. Dann: „Wer hat wann die Kapelle von Bernards
gebaut“. Wer etwas darüber weiß, schreibe es mir bitte oder
rufe mich an. Ich werde es dann sofort weitergeben. |

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Zwei
Kreuze sind von der polnischen Bevölkerung neu errichtet worden.
Eins an der Straße nach Leobschütz und ein Holzkreuz nach
der Straße nach Techenau. Fuchs Anni hatte uns für den Friedhof
eine schön bepflanzte Schale besorgt, die wir am Gedenkstein,
neben die andere Schale stellten, die noch von den Leisnitzern,
die mit dem Bus da waren, da stand. Wir haben uns dann die
13, an der Friedhofsmauer stehenden, Grabsteine angesehen
und die darauf stehenden Namen der Verstorbenen aufgenommen,
damit sie für die Zukunft festgehalten werden. Ein namenloses
Kreuz, welches im Gras lag, habe ich wieder aufgerichtet und
zu den Anderen gestellt. Auf Wessen Grab mag es wohl gestanden
haben? Hoffentlich bleibt die große Rasenfläche noch lange
erhalten. Die Friedhofseinzäunung ist neu gemacht worden. |
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Der
dritte Schwerpunkt der Fahrt war die genaue Erkundung des Weges
auf der Flucht am 17. März 1945. Angefangen haben wir am letzten
Wegekreuz (die Einweihung war 1939) auf der Straße nach Sabschütz,
darauf hat gestanden: „Wenn des Schicksals Stürme toben, richte
Deinen Blick nach oben“ Wer konnte ahnen, dass die Schicksalsstürme
so bald für uns alle einsetzen würden.
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Nur
der Glaube an den Herrgott hat uns ermutigt durchzuhalten
und neu anzufangen. Danach die Brücke über die Straduna, die,
als wir darüber waren, ein deutscher Soldat, vor unseren Augen
gesprengt hat. Die Betonstürze liegen heute noch an beiden
Seiten am Ufer. Die neue Brücke ist heute viel schmaler und
sieht provisorisch aus, genügt aber offensichtlich dem Verkehr.
Ich wollte sehen, was unsere Kühe und wir an diesem 1. Fluchttag
geschafft haben. Weg für Weg, Straße für Straße, Kreuzung
für Kreuzung, Ortschaft für Ortschaft sind wir langsam abgefahren.
Von Leisnitz nach Sabschütz dann nach Kaltenhausen, dahinter
links die Fischteiche in der Talsenke, dann kommt die Landstraße
416 von Oberglogau nach Leobschütz, hier überqueren wir sie
und biegen in einer lang gestreckten Linksbiegung nach Schlegenberg
ein, danach kommt eine lange Allee bis nach Schmeißdorf, vorher
überqueren wir eine Landstraße und die Eisenbahnlinie von
Deutsch Rasselwitz nach Leobschütz. Kurz hinter Schmeißdorf
kommt Kreuzendorf. |
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Jetzt
kommt ein weiter Weg an Wäldern, Wiesen und Felder vorbei
nach Roben. Dort entdeckten wir am zweiten Haus links die
Einfahrt und die Scheune, in der wir in der ersten Nacht übernachtet
haben. Weiter ging es in Richtung Dobersdorf, wir wollten
nach Pilgersdorf, wo unser Leisnitzer Kuhtreck in der ersten
Nacht übernachtet hat. Die hatten eine noch weitere Strecke
als wir geschafft. Aus dem Altvater Gebirge zog aber ein schweres
Gewitter auf, so dass wir es vorzogen, wieder nach Leobschütz
zurück zu fahren, schließlich waren wir für 16:00 Uhr eingeladen.
Unser Besuch führte uns weiter zu neuen Bekanntschaften. |
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Ich
bin froh, dass wir die Reise gewagt haben und ich bin sicher,
es wird sich auf die Zukunft auswirken. Zu wünschen wäre es,
dass viele von unseren jungen Leuten Leisnitz aufsuchen, damit
die Verbindungen bleiben und erweitert werden. Damit lebt
die Erinnerung an unsere schöne Heimat weiter.
Allzu
oft wird unsere Vergangenheit falsch dargestellt und erzählt.
Von Manchen bewusst, von Anderen unbewusst verdreht. Nur wenn
viele mitfahren und unsere Heimat selbst erleben, können wir
wirksam etwas dagegen tun. In unserer Jugend muss weiterleben,
was unsere Heimat war und ist und das wir stolz auf unsere
Herkunft sein können.
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©
Walter
Krautwurst 2006 |
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