Wanderung durch Leisnitz


Liebe Leisnitzer und Leser des Leobschützer Heimatblattes,
heute möchte ich mit Euch eine kleine gedankliche Wanderung durch einen Teil des Leisnitz vor dem Jahr 1946 machen, in der Zeit vor der großen Vertreibung.
Wir starten im Mittelpunkt von Leisnitz am früheren Kriegerdenkmal, dort waren die Gefallenen des 1. Weltkrieges aufgeschrieben. Ich kann mich gut erinnern, dass mein Vater zu den jeweiligen öffentlichen Feiertagen dort vom Kriegerverein anzutreten hatte. Heute sind die Namen der gefallenen Soldaten teilweise von der Säule abgemeißelt.
Wir wenden uns nun in Richtung Niederdorf, rechts liegt die Kirche. Wenn die eisernen Gittertore aufstehen, kann man von der Straße aus das Ewige Licht in der Kirche brennen sehen. Kein Leisnitzer ging dann vorbei ohne sich zu bekreuzigen.
Wir kommen nun rechts am großen Pfarrhaus vorbei, dahinter lagen die Jugendräume und oben im Pfarrhaus war die Schwesternstation untergebracht.
Weiter Richtung Niederdorf kommt nun links zwischen den Häusern von Ernst Alscher und Braunisch eine Kapelle. An den Feiertagen wie Christi Himmelfahrt und Fronleichnam wurde dort immer zu einer besonderen Andacht und Segen Halt gemacht.
Danach rechts kommen wir am Haus von Emmanuel Richter vorbei, den es in der vorangegangenen Polenzeit schwer getroffen hatte. Weil er ein Fahrrad nicht abgegeben hatte, wurde er auf einem offenen Leiterwagen wie ein Verbrecher über Oberglogau nach Mislowitz transportiert.
Auf dem gleichen Fuhrwerk war auch unser Hauptlehrer Kantler, weil er zuvor Mitglied der NSDAP gewesen war. Beide sind nie wieder heimgekehrt, wie die Geschichte erzählt sind sie in Mislowitz totgeschlagen worden.
Nun kommt auf der rechten Seite unser Postgebäude, betrieben von Rapp.
Nach einer kleinen Kreuzung kommt jetzt das letzte Gebäude der Straße, rechts von Emil Vogel und links von Robert Krautwurst und seinem Vater Franz Krautwurst. Wenn ich zur Schule ging, habe ich ihn oft vor der Haustür sitzen sehen. Franz Krautwurst, geboren 1861, musste kurz vor Kriegsende sein Leben lassen, weil er Anna Rothkegel, einer Frau  aus dem Niederdorf Zuflucht gewährte. Sie wollte vor einem Russen flüchten, beide wurden dann auf der Stelle erschossen.
An dieser Gabelung endet auch die „Große Seite“ und mündet in eine weiterführende Straße ein.
Vor dem Anwesen der kinderlosen Eheleute Lorenz steht nun auf der rechten Seite die kleine Nepomuk-Kapelle.
Wenn wir nun weiter gehen und links in die Kurve einbiegen, kommt auf der rechten Seite Reisch, davor ein sehr großes Kreuz.
Geradeaus führt es uns in die Lamlagasse. Die ersten Gebäude rechts sind die Landwirtschaftsställe der Familie Lorenz.
Die Lamlagasse hat einen wesentlichen Anteil in meiner Schilderung, sie ist ein circa 200 m langer Hohlweg, auf beiden Seiten mit hohen Bäumen bewachsen, deren Kronen sich in der Mitte trafen. Bei der Durchfahrt vermittelte sich so der Eindruck durch einen bewachsenen Dom zu fahren. Früher muss es ein verschlammter Feldweg gewesen sein, zu meiner Jugend war die Gasse aber bereits gepflastert. Der Klang der Wagen, die vom Feld über die Gasse fuhren war direkt ein anderer.
Über diese Gasse wurden zu meiner Kindheit viele Geschichten erzählt. Kleine Gnome sollten in den Böschungen wohnen, die kleine Kinder stahlen und zu Zwergen aufzogen. Mir wurden diese Art der Geschichten nicht erzählt.
Allerdings gibt es auch wahrheitsgemäße Geschichten:
Ich hatte einen Onkel Franz Raser, er und seine Frau hatten keine Kinder und wohnten im Niederdorf. Trotz seines Alters bearbeitete er einen landwirtschaftlichen Betrieb, und wenn er mit seinem Kuhfuhrwerk vom Feld kam, saß er meist auf der Deichsel.
Die Lamlagasse hatte etwas Gefälle und Onkel Franz war auf der Deichsel eingeschlafen. Es kam, wie es kommen musste, obwohl die Kühe den Heimweg kannten, bekamen sie die Rechtskurve nicht. Sie zogen das Fuhrwerk in Richtung Leisgraben, der damals noch kein Geländer hatte, und ganze Wagen landete im Graben. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es eine flachere Böschung und so gelang es Onkel Franz, mit Hilfe einiger Dorfbewohner ohne großen Schaden den Wagen zu befreien und seine Kartoffel heimwärts zu bringen. Das ganze Dorf hatte etwas zu lachen.
Eine Geschichte mit Onkel Franz und der Lamlagasse habe ich selber miterlebt. Hinter der Lamlagasse kommt links ein unbefestigter Querweg, der zu den Feldern führte. Obwohl der Weg noch unbegehbar war, konnte Onkel Franz es im Frühjahr 1944 nicht abwarten und versuchte sein Feld zu erreichen. Prompt versank eine Kuh bis zum Bauch in tiefem Schlamm, da half auch kein gutes Zureden mehr, die Kuh steckte fest.
Gegenüber des Hohlweges lag das Feld von Alois Richter, der hatte zwei Pferde, die helfen sollten. Die Kuh bekam einen breiten Lederriemen um den Hals und wurde mit einer Kette mit dem Pferdegespann verbunden. So gelang es die Kuh aus dem Schlamm zu ziehen, die Kuh hatte nur leichte Blessuren und Onkel Franz den Spott. Die Kuh hat sich aber gut erholt und weiter bei der Feldarbeit den Wagen gezogen und die Familie mit Milch versorgt.
An diesem Beispiel zeigt sich wie gut unsere Nachbarschaft funktioniert hat.
Besagter Weg links der Lamlagasse führte hinter den Gärten parallel zu der Straße zum Niederdorf, es reihten sich dort von Reisch bis weit hinter uns, also Emil Krautwurst, die Gärten der Häuser aneinander. Von der Hauptstraße bis zum Weg hatte jeder einen Garten von circa 100 Meter Tiefe.
Hinter unserm Garten, also hinter der Hausnummer 62, führte im rechten Winkel der Feldweg zu den „Halben Vierteln“, dieser Weg führte fast geradlinig bis zu den Wiesen und dem im Tal liegenden Flüsschen Straduna.
Erstmal aber wieder parallel der Dorfstraße entlang der Gärten: neben unserem Haus war das von Franziska Beier, ich kann mich gut erinnern, dass eines Abends der Beier Vetter von einem Krankenwagen aus Oberglogau gebracht wurde. Er war durch einen explodierten Kessel fast vollständig verbrannt worden, er starb kurze Zeit später an seinen Verletzungen. Die Familie ist bei der Flucht in Bayern gelandet, sie hatten sich an ein Pferdefuhrwerk angehängt. Wie alle dieses Trecks, konnten sie nach Kriegsende nicht mehr nach Leisnitz zurückkommen.
Der Garten von Beiers war sehr groß, im Anschluss der Garten von Franz Krautwurst, danach wurde der Weg immer schmaler, zu meiner Kindheit konnte man dort nur noch zu Fuß weitergehen, er diente hier nur noch als Zuweg zu den gegenüberliegenden Feldern.
Dahinter kamen noch die Gärten von Franz Krause, Familie Hoffmann und Alois Schink. Ein Enkel von Alois Schink ist der derzeitige Bürgermeister von Leichlingen mit dem Familiennamen Steffens.
Vorbei an den Nachbarn Josef Vogel und Alois Behr führt der Weg in einer leichten Rechtskurve weiter bis zum Grundstück Nummer 47 von Eduard Fuchs. Von der Hauptstraße aus betrachtet konnte man dort sehen, dass der Besitzer noch mit einem Göpel arbeitete.

Der kleine Weg endet an dieser Stelle und die Hauptstraße führt aus dem Dorf in Richtung Klein Bernau.
Meine Schilderung führt uns zurück auf den Weg, der bei Emil Krautwurst in Richtung der „Halben Vierteln“ abzweigt.
Wir gehen diesen Feldweg geradlinig weiter bis zu der Sandgrube von Reisch. Früher führte der Weg hier weiter. Bei meinem Besuch 2006 endete der Weg allerding dort, die Sandgrube existierte nicht mehr und war mit Gerümpel zugeworfen.
Zurück zur Lamlagasse und dort geradeaus: der Weg ist dort ein sehr breiter, leicht im Tal liegender, aber nicht mehr mit Pflaster befestigter Weg. In den letzten Kriegswochen und –monaten waren hier von einer eingesetzten SS-Kompanie rechts und links tiefe Schützengräben gegraben worden. Wir haben zur damaligen Zeit das Tuen verfolgt und uns gewundert, als ob von dort russische Soldaten einziehen würden.
Es kam auch anders, die Russen zogen mit Panzern über die Militscher Straße in unser Dorf ein.
Wenn man den Feldweg weiter geht, macht er eine Rechtskurve und führt dann links zu den „Rohrwiesen“ und rechts zu dem „Plan“, an dem unser größtes Feldstück lag.
Zurück zur Kreuzung an der Lamlagasse, gegenüber des Feldweges hinter den Gärten, führt der Weg hinter der „Großen Seite“ zum neuen Friedhof.
Hier endet meine jetzige Führung durch Leisnitz.


Liebe Leser, ich hoffe Ihr konntet meinen Beschreibungen folgen und habt ein Stück unseres Leisnitz miterlebt.

Wanderung durch Leisnitz Teil 2

Liebe Leisnitzer und Leser des Leobschützer Heimatblattes,
heute möchte ich mit Euch die gedankliche Wanderung durch Leisnitz vor dem Jahr 1945 fortsetzen, jetzt durch die Feldmark.
Alleine für einen Spaziergang hätte sich eine Runde durch das wunderschöne Gelände der Feldmark schon gelohnt, doch damals hatten die Leute hierfür keine Zeit, sie sahen zu, dass sie schnell zu ihrer Arbeit auf den Feldern kamen.
Wir starten heute an der Lamlagasse, wo der letzte Spaziergang endete, wir folgen der Gasse geradeaus, es ist weiterhin ein schöner breiter Flurweg, rechts und links von Böschungen begrenzt, nach oben zum Himmel vollkommen offen.
Auf der linken Seite oberhalb der hohen bewachsenen Böschung liegen die Felder von Alois Richter.
Im Herbst / Winter 1944 war eine Kompanie deutscher Soldaten in Leisnitz stationiert, sie waren in einzelnen Häusern mit freiem Wohnraum je mit ein bis zwei Personen einquartiert. Versorgt wurden sie durch ihre eigene Feldküche, die bei Braunisch in der Einfahrt stand. Auch wir Kinder konnten dort hingehen und bekamen, wenn etwas übrig war, in unsere mitgebrachten Gefäße eine Schöppe voll. Es war einfach eine Abwechslung zu dem Essen zu Hause.
Die Soldaten waren in Leisnitz stationiert um Schützengräben zu ziehen, sie haben in der Böschung der Lamlagasse einen tiefen Lauf- und Schützengraben angelegt. Aus heutiger Sicht war diese Arbeit vollkommener Blödsinn. Damals hat sich kein Dorfbewohner vorstellen können, dass dort eine Abwehr für Leisnitz entstehen könnte. Außerdem hatten sich die Befehlshabenden eingebildet, dort könnten russische Panzer vorbeifahren, die sie abschießen könnten. Zum Ersten war der Graben für schwere Geräte nicht geeignet, man hätte in dem breiten Hohlweg die Panzer gar nicht erreicht. Mit den zur Verfügung stehenden Panzerfäusten wäre wiederum der Weg zu weit weg gewesen um die Panzer zu treffen. Hat man vielleicht geglaubt es kämen zu Fuß Russen, die man mit Karabinern hätte abschießen können?
Dieser Schützengraben war ein langes Bauwerk, er ging vom Wegekreuz bei Alois Richter bis zur Kreuzung zu den „Langen Beeten“.
Am 17. März 1945, als der Russe in Leisnitz einrückte, war in diesem Graben kein einziger deutscher Soldat. Dennoch war eine ganze Kompanie im Herbst / Winter voll mit der Errichtung beschäftigt.
Wir wandern weiter: rechts des Weges war eine kleiner Böschung, so dass sich ein Hohlweg ergab.
An der Gabelung zu den „Langen Beeten“ angelangt, das war eine lange Strecke, führte der Weg in einer leichten Rechtskurve zu den „Hofäckern“. Links kommt zuerst das große Feld von Witchoreks, ich habe es in Erinnerung, wenn wir dort vorbei zu unserem weitergelegenem Feld fuhren. Wir konnten sehr oft Herrn Witchorek auf seiner Kalesche mit einem Pferd davor sitzen sehen. Meist stand er einfach nur da und beobachtete die Kolonne von Helfern, Kriegsgefangene, die die Feldarbeit verrichteten, er jedenfalls behielt die Kolonne von immer 30 bis 50 Feldarbeitern im Auge.
Weiter führt uns der Weg zu einer Gabelung an der rechten Seite, an der ein Wegkreuz steht, links führen einige Wege zu den Feldern, zu dem unseres Nachbarn Paul Müller und auch zu unserem „Plan“, wie wir das Feld nannten.
Ca. 10 Morgen groß, war es das größte Feld, das wir hatten, im 1. Weltkrieg war es uns bei einer Flurbereinigung zugeteilt worden. Mein Vater war damals  bei der Umverteilung nicht zu Hause, nur seine 1. Ehefrau Berta mit den kleinen Kindern, sie konnte sich nicht zur Wehr setzten um zu verhindern, dass das neue Feld so weit vom Hof entfernt lag. Als ungerecht empfanden wir, dass viele Pferdebauern ihre Felder oft direkt hinter ihren Häusern liegen hatten.
Rechts neben unserem „Plan“ lag das Feld von Max Neweadomsky, er war jetzt im 2. Weltkrieg bei den Soldaten, sein Sohn Erwin bewirtschaftete die Landwirtschaft gemeinsam mit seiner Mutter, die Geschwister waren noch zu jung. Erwin war 5 Jahre älter als ich und ist inzwischen verstorben. Als Junge habe ich Erwin immer bewundert, denn er konnte den Acker alleine mit zwei Kühen pflügen indem er sich er sich Kreuzleinen gemacht hatte mir deren Hilfe er die Kühe wie Pferde dirigieren konnte. Wir dagegen brauchten zwei Personen, einer, der den Plug hielt und eine zweite Person, die die Kühe führte. Ich wollte mit den Jahren auch das Ziel erreichen die Kühe so mit der Leine zu lenken.
Gegenüber des Weges lag das Feld des Pferdebauern Lorenz aus dem Niederdorf, ihn habe ich dafür bewundert wie schnell er den Acker mir seinen Pferden bearbeiten konnte. Lorenz war der einzige Pferdebauer in diesem Bereich, alle anderen waren Kuhlandwirte.
Wenn man den Weg weiter in Richtung Osten ging, konnte man eine Querstraße sehen, die von Nord nach Süd führte und mit Bäumen umsäumt war.
Hinter dieser Allee lag Teschnau und dies war gleichzeitig die Sprachgrenze, auf der anderen Seite konnten die Bewohner wasserpolnisch, eine Sprache in der man sich mit den in dieser Zeit anwesenden Russen gut unterhalten konnte.
Von Teschnau stammte die bei uns gegenüber wohnende Ehefrau von Paul Müller, daher beherrschte diese gute und hilfsbereite Frau diese Sprache. Wenn wir Probleme mit den Russen hatten, lief eine meiner jüngeren Schwestern hinüber und rief sie um Hilfe, sie kam immer sofort. Dies war auch für Frau Müller nicht ungefährlich, denn sie stellte sich damit auf unsere Seite um Missverständnisse gerade zu rücken. Die Situationen waren für sie wie für uns lebensgefährlich. Meines Erachtens müsste eine solche Person für ihre Hilfsbereitschaft posthum das große Bundesverdienstkreuz erhalten.
Durch die naheliegende Sprachgrenze (ca. 800 m hinter unserem Feld) ist es erklärlich, dass eine Reihe polnisch sprechender Frauen nach Leisnitz eingeheiratet hatten. Wasserpolnisch ist nicht mit dem Hochpolnisch vergleichbar, mit den am 17. März 1945 zu uns gekommenen Polen konnte man sich so nicht verständigen, das klappte besser mit den Russen.
Hierdurch ist es erklärlich, dass bei der Vertreibung drei Familien, deren Frauen polnisch sprachen, optierten und noch heute in Leisnitz sesshaft sind.

Liebe Leser, ich hoffe Ihr konntet wieder meinen Beschreibungen folgen und habt auch diesen Teil unseres Leisnitz miterlebt.

Wanderung durch Leisnitz Teil 3

Liebe Leisnitzer und Leser des Leobschützer Heimatblattes,
heute versetzen wir uns wieder zurück in die Jahre unserer Kindheit und der Zeit vor der Vertreibung.
In den vergangenen Berichten habe ich bereits zwei Wanderungen durch Leisnitz beschrieben, angefangen an der Kirche über die Lammlagasse bis in die Leisnitzer „Flure“.
In der ersten Schilderung ging es hinter der Lammlagasse links in den Parallelweg „Niederdorf“ und im zweiten Bericht geradeaus zum „Plan“ bis zur Ortsgrenze Teschnau.
Heute schildere ich den Weg von der Kreuzung Lammlagasse nach rechts, dieser Flurweg führt hinter den Grundstücken von der „Großen Seite“ in Richtung neuer Friedhof.
Dieses Mal will ich viele Namen der Grundstückseigentümer nennen. Möglichst viele Leisnitzer sollen sich angesprochen fühlen und dies weitergeben, weil nicht so viele Leisnitzer das Leobschützer Heimatblatt beziehen. Vielleicht gelingt es durch das Gespräch neue Abonnenten zu finden und Herr Lux und sein Sohn sehen, dass es Anklang findet.
Die Grundstücke liegen immer rechts der Weges, die Eingänge zu den Häusern an der Dorfstraße.
Das Eckgrundstück an der Kreuzung gehörte Paul Lorenz (Hausnr. 73a), daneben Emmanuel Lorenz, danach Robert Vogt (Nr. 77a), nun Breitkopf (im Dorf Sieder genannt) (Nr. 77b) und Eduard Hein (Nr. 78). Es folgt das Grundstück von Max Schwarzer (Nr. 82), daneben Heinrich Breitkopf (Nr. 84).
Bei allen Grundstücken konnte man über das Hofgrundstück von der „Großen Seite“ bis zum beschriebenen Feldweg fahren.
Von dort konnte man hinübersehen bis zur „Kleinen Seite“ und dem Haus von Emanuel Richter (Nr. 18). Dieser und der Hauptlehrer Kantler sind von demn Polen auf einem Leiterwagen wie Verbrecher nach Myslowitz geschafft worden und elendig umgekommen. Der Grund war, dass Emanuel Richter das Fahrrad seines Sohnes nicht abgegeben hatte und Lehrer Kantler in der NSDAP gewesen war.

Es folgen die Grundstücke von Josef Purschke (Nr. 85) und Albert Richter (Nr. 87), danach das der Schwestern Marie und Otilie Fuchs (Nr. 89), bei ihnen lebte der Junge ihres Bruders. Beide Frauen haben sich nach der Vertreibung in der Küche des Hotel Hohns in Opladen mit dem Kochen der Schulspeisung verdient gemacht.
Dahinter das Bauerngrundstück von Franz Fuchs (Nr. 72), das heute polnische Leute besitzen, deren Tochter gemeinsam mit drei Mädchen aus Leisnitz den Weltjugendtag besuchte. Insgesamt haben sieben heutige Leisnitzer den Weltjugendtag besucht. Zu zweien besteht bis heute ein stetiger Kontakt und beide sprechen fließend deutsch.
Das nächste Haus gehörte Albert Sacher (Nr. 98), direkt neben Emil Behr (Nr. 98b), gefolgt von Ernst Könner (Nr. 99a) und Berta Kuppke (Nr. 99b).
Dahinter das Grundstück von Georg Beier (Nr. 103), dessen Tochter, verheiratete Kaluscha, heute in Wermelskirchen wohnt. Mit ihr und ihrem Ehemann Herbert telefoniere ich häufiger, er befasst sich mit Heimatkunde und fördert den Zusammenhalt dort lebender Leisnitzer auch durch Heimattreffen.
Herbert Kaluscha kann Trompete blasen und blies bei Beerdigungen etwaqs abseits von einem Hügel ein Trauerlied, dies ging allen Hörenden durch Matk und Bein.
Nun Albert Rieger (Nr. 107) und das letzte Haus vor der Straße nach Teschnau Georg Bernhard (Nr. 111). Dorthin gingen wir mit unseren Kühen und ließen sie von einem der beiden Bullen decken, wenn sie rinderten. Frau Bernhard gab uns Kindern dann immer etwas Leckeres zu trinken und  Plätzchen oder Schokolade.
Nun beginnt die Teschnauerstraße, die am neuen Friedhof vorbeiführt, dort wurden die verstorbenen Leisnitzer beerdigt. Dieses Gräberfeld ist mittlerweile eingeebnet und mit Rasen eingesäht, auf ihm steht der Gedenkstein für die in Leisnitz gestorbenen deutschen Einwohner, regelmäßig werden dort Kerzen aufgestellt.
Weiter der Teschnauerstraße entlang kommt die Siedlung von Alfred Vogt (Hau Nr. S1), etwas weiter rechts eine Abzweigung in die Felder.
Geradeaus beginnt eine Kirschbaumallee an deren linker Seite wir ein Feld hatten. Wir nannten es „Wawersig Karls Feld (Wawersig Kollass Feld)“, bei uns war es üblich den Namen des Vorbesitzers mitzunennen, mein Vater hartte es von einem Wawersig gekauft.
Unter den Kirschbäumen habe ich als Kind oft gesessen, wenn dort gepflückt wurde, ich habe die gefallenen und geworfenen Kirschen gesammelt um sie an Feldarbeiter zu verteilen.
Weiter der Kirschbaumallee entlang kommt man auf die Querstraße nach Teschnau, von der ich im vergangenen Bericht erzählt habe.
Diese Straße war für uns die Sprachgrenze, dahinter wurde als zweite Sprache das sogenannte „wasserpolnisch“ gesprochen.

© Walter Krautwurst 2020 für das Leobschützer Heimatblatt